Nach der Präsidenten-Stichwahl

Die Wahl ist vorbei, die Meinungen über den Ausgang sind geteilt wie das Land. Aber stimmt das? Warum nicht von einer Spaltung gesprochen werden kann, sondern eher von einer Drittelung. Und warum Wissen, Kennen und Verstehen den Unterschied ausmachen.

Zunächst muss festgehalten werden, dass die beinahe 50:50 Pattsituation nicht der tatsächlichen Gesamtbevölkerung entspricht. Es ist einfach falsch zu sagen, die Hälfte der Österreicher habe für oder gegen den jeweiligen Kandidaten gestimmt. Denn bei 2,22 Mio. Stimmen für Hofer und 2,25 Mio. Stimmen für V.d.Bellen bei insgesamt 6,38 Mio. Wahlberechtigten in ganz Österreich stehen beide Kandidaten bei rund 35%. Die Nichtwähler bzw. ungültigen Stimmen bringen es auf 1.9 Mio.!
Somit haben jeweils zwei Drittel der gesamten Wahlberechtigten nicht für (!) V.d.Bellen oder Hofer gestimmt. Damit könnte wohl eher von einer Drittelung der Wähler bei der Bundespräsidentenwahl gesprochen werden. Rund 35 Prozent für V.d.Bellen sowie Hofer und gute 30 Prozent für keinen der beiden. Eindeutige Mehrheiten in der Bevölkerung sehen anders aus!
Kein Rückschluss kann auf sämtliche andere künftige Wahlen erfolgen. Zu speziell war dieser Wahlkampf, zu außerordentlich die Rahmenbedingungen. Die Wählerstromanalysen, Wahlmotive und Gegenmotive sind interessant, aber nur sehr bedingt für weitere Analysen zielführend. Auch dieses Stadt-gegen-Land-Szenario hinkt deshalb und würde bei anderen Kandidaten auch völlig anders aussehen. Die Tatsache, dass Hofer in großteils ländlichen Gegenden weit vorne lag, in denen es praktisch keine Flüchtlinge oder Kriminalität gibt, ist bemerkenswert. Im Gegenzug gewinnt V.d.Bellen haushoch rund um den Brunnenmarkt oder den Praterstern in Wien. Daraus wird ersichtlich, dass es oft nur um das Kennen und Erleben einer Situation geht. Ich möchte nicht wissen, was Menschen, die womöglich erst einmal in Wien waren, über das Leben in der Millionenstadt denken und sich vorstellen. Leichte Beute für jemanden, der die beflügelten Horrorfantasien über Großstadt mit Verbrechen und Ausländern wählerwirksam ausschmückt.
Daher ist meiner Meinung nach nur ein Unterscheidungsmerkmal tatsächlich bemerkbar: Menschen ohne tiefer gehende Informationen wählen aus Unwissenheit und diversen Phobien (auch Angst vor Veränderungen) eher FPÖ. Oder, wenn gerade vorhanden, jede ähnliche Bewegung wie Team Stronach oder BZÖ. Denn diese Parteien bieten sich immer als Herolde des Negativen an, um aus dem Pool der Ängstlichen und Uninformierten die größtmögliche Ausbeute zu holen. Mit dem angeblichen Ziel, diese Menschen zu schützen. Vor den Anderen. Wer immer das ist.
Dem können die politischen Mitbewerber nur mit Aufklärung, Information, Bildung und wieder Bildung entgegenwirken. Dumpfe Sprüche, Worthülsen und Lippenbekenntnisse werden aber sicherlich nicht mehr ausreichen. Lösungen müssen geliefert werden. Mit anschaulichen Argumenten sowie nachvollziehbaren Pro und Kontras, die von den Menschen zunächst verstanden und dann akzeptiert werden. Oder eben nicht. Aber jede Entscheidung für oder gegen etwas beruht dann auf Fakten. Und nicht auf hysterischem Alarmismus oder diversem Aufhussen zur verantwortungslosen Stimmmaximierung.