Mitterlehner auf Schüssels Spuren?

Das Neuwahl-Gespenst geistert dezent durch die Lande. Neuer Knackpunkt: die plötzliche Ablehnung der ÖVP-Seite von den eigenen Verhandlungsergebnissen. Aber diese Entwicklung ist nicht gänzlich unverständlich.

Dabei sind zwei Überlegungen zu beachten:
Erstens:
Hans Jörg Schelling ist der ÖVP passiert. In Niederösterreich ist er völlig unerwünscht, mittlerweile haben sich die restlichen Länder der Klangturm-Perspektive angeschlossen. Zur selben Zeit hat Mitterlehner offenbar erkannt, dass sein Finanzminister durchaus Ambitionen zu mehr hat – genauer gesagt zum Chef, ob als Kanzler oder ÖVP-Parteichef. Django ist innerparteilich unter größeren Druck, als es der Kuschelparteitag nahe legen würde (Stichwort: Raucherschutz (!) gegen Nichtrauchergesundheit oder für ÖVP-Verhältnisse liberalere Gesellschaftsmodelle). Daher beginnt nun mit der Kritik an der Kontoöffnung die erste leise Demontage des Finanzministers. Natürlich gegen die öffentliche Meinung des Vizekanzlers. Laufende „Nachbesserungen“ der fertig ausverhandelten Steuerreform kommen trotzdem noch dazu.
Das wiederum kann die SPÖ auf Dauer nicht hinnehmen. Auch wenn sich die Roten beim einfachen Kontoöffnen völlig auf dem Holzweg befinden. Die Taktik der ÖVP ist eindeutig in Richtung „weg von zuviel Finanztransparenz hin zu mehr Steuerverheimlichung“. Steuerhinterziehung als Bestandteil des Geschäfts scheinen ja einige Berufe als durchaus normal zu betrachten. Auch wenn der Vizekanzler das Ganze noch nicht so sieht: die restliche Partei eher schon.

Zweitens:
Mitterlehner will so schnell wie möglich Kanzler werden. Sein Zeitfenster ist schmal. Die nächsten Monate bieten mehrere Möglichkeiten, alles gipfelt in der Wiener Wahl. Ist die SPÖ nach Wahlniederlagen (und die sind unausweichlich!) am Boden, könnte die Chance günstig sein – Schüssel schau rüber! Da passen dann ein paar „Rettet das Sparbuch der Oma“ – Themen, sowie weitere Provokationen gegenüber dem Koalitionspartner. Im Idealfall kündigt die SPÖ die Zusammenarbeit – die Möglichkeit besteht durchaus, ansonst steht schon einer aus der schwarzen Riege auf und sagt mal wieder „Es reicht“.

Ob eine Neuwahl nun gut oder schlecht, strategisch richtig oder falsch ist, kann heute schwer beurteilt werden. Es ist zu befürchten, dass sich das Patt in der Regierung, egal mit welchen Spielern, nicht so einfach auflösen wird.