Ungenießbares Schwammerl

Nach den Vorwürfen sexueller Übergriffe gegen Frauen ist das Projekt von Peter Pilz fast zerstört. Noch nie hat sich eine neue Fraktion noch vor der ersten Nationalratssitzung so in die Defensive gebracht. Die acht Mandatare werden viel Mühe haben, die Irrungen und Verwirrungen des Gründers zu verdauen. Offenbar liegen Pilz-Kriterien für „Frauenbelästigen“ näher bei Donald Trump als bei einer Grünwählerin. Und das im Angesicht eines unerträglichen Rechtsrucks im österreichischen Parlament.

Die Vorgänge rund um Peter Pilz waren so typisch: Opfer-Täter-Umkehr, Verschwörungstheorien, Klagedrohungen. Da sollte es niemanden wundern, warum so viele weibliche (und auch männliche) Opfer von sexuellen Übergriffen lieber schweigen. Denn wenn ein sogenanntes Alpha-Männchen einer Frau etwa an den Busen grapscht, ist das eine „Verschwörung“ der Feinde. Die haben die Damen mit der Oberweite in voller Absicht in das Blickfeld des Alpha-Männchens gebracht. Oder es war ja nur eine „b’soffene G’schicht“. Die besonderen Voll-Trotteln schwadronieren auch über die armen Männer, die ja keine Komplimente oder Avancen machen dürfen.
Ja, ja. Jeder Mensch, der ungefragt irgendjemand anderen befummelt, Küsschen geben will oder mit aufdringlich starrem Blick nur „g’schaut hat“, ist widerlich, untragbar und moralisch schwer unterentwickelt. Dabei werden die Opfer selten ernst genommen. „Wird schon auch was g’macht haben“, so die oft zu hörenden Relativierung. „Hätt’s halt was weniger Freizügiges angezogen. Wer so was trägt, will ja provozieren!“
Diese Sätze kommen dann aus den Mündern jener Minderbehirnten, die gegen die Burka schreien und selbst Verhüllungen zwecks Verhinderung ihrer eigenen Triebe fordern.
Mann (mit zwei N) kann es nicht oft genug sagen: und auch wenn eine Frau splitternackt irgendwo steht, hat niemand sie anzufassen!!!!
Das gilt für alle, auch für Österreicher!
Das Feld der Belästigung ist ein weites und sehr persönlich. Was die eine als entschuldbare Dummheit sieht, wird für einen anderen Charakter zu einer unerträglichen Erniedrigung. Es hilft nicht, das als „lächerlich“ oder „überempfindlich“ abzutun.
Wir als Gesellschaft müssen endlich zu einem Modus Vivendi kommen, wie mit diesem sensiblen Thema umzugehen ist. Es wird ein paar Regeln und Umgangsformen geben müssen. Nebenbei, für beide Geschlechter. Denn dass ich als Mann im Berufsumfeld mit einer Dame zusammenarbeiten muss, die durchsichtige Blusen samt Transparent-BH und Minirock trägt, ist auch eine Belästigung. Ebenso müssen es junge Männer nicht einfach „aushalten“, als Lehrlinge „Schwuchtel“ gerufen und vom Werkstättenleiter mit Pornos gequält zu werden!
Trotzdem müssen vor allem Frauen in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, sich gegen Belästigung zu wehren. Sowohl gesellschaftlich als auch juristisch. Und Männer haben endlich hin- statt wegzusehen. Und im schlimmsten Fall müssen Frauen auf hartnäckige Belästigung mit angemessener Gewalt reagieren: Greifst du mir auf den Busen, hau’ ich dir in die Goschen (oder auf die Testikel!) Die mögliche Anzeige wegen Körperverletzung schau’ ich mir dann an!!
Die Attacken von Pilz waren für die betroffenen Frauen sehr unangenehm und eine Belastung. Egal, wie er es wahrgenommen hat. Warum die Vorfälle nicht schon bei den Grünen öffentlich gemacht wurden, wäre trotzdem zu klären. Die lächerliche Wortmeldung von Frau Glawischnig am 6.11. klang für mich nach einer Vertuschung.
Immerhin hat sich Pilz schlussendlich einmal entschuldigt und ist abgetaucht. Und hinterlässt einen Scherbenhaufen, den seine Wähler und Mandatare nun aufkehren können.