Die April-Wochen 2017 als Zeit für konstantes Kopfschütteln

Von Doppelstaatsbürgerschaften über Grüne Parteistreitereien wegen eines Bauprojekts, rote Selbstbeschädigungen am Parteitag oder bösartiges Negieren von Ironie: die letzten Wochen trugen spürbar zum ratlosen Kopfschütteln bei. Abgesehen von Agitations-Pamphleten der ÖVP: die sind wirklich nur mehr zum Lachen.

Wer meint, Doppelstaatsbürgerschaften sind ein Graus, hat eine Meinung. Aber diese Meinung verträgt sich nicht mit einer modernen Demokratie im 21. Jahrhundert. Es ist dieses (teils unbewusst versteckte) nationalistische Stammesdenken vieler Österreicher, welches es den Rechtsaußen-Parteien so einfach macht, Wählerstimmen einzusammeln. Es hat kein Österreicher einen Nachteil durch eine Doppelstaatsbürgerschaft, egal, welcher. Die Argumente dagegen sind rein „völkisch“ begründet und gehören daher in früheren Jahrhunderten begraben.
Wenn es dann noch Unklarheiten gibt, ob bestimmte Staaten (wie die Türkei) ahnungslosen Ex-Bürgern ohne deren Wissen eine erneute Staatsbürgerschaft zuerkennen, wird es nur noch grotesk. Wir sollten mal nachsehen, ob nicht Erdoğan Strache, Sobotka, Niessl und Co türkische Staatsbürgerschaften verliehen hat!
Das war ironisch gemeint! Das muss ja offenbar dazugesagt werden. Denn nicht anders ist die konsequente Weigerung von rechts-außen Kreisen zu erklären, den (aus dem Kontext gerissenen) Kopftuchsager von V.d.Bellen als ironischen Kommentar zu lesen. Vielleicht ungeschickt vom Präsidenten, ja. Aber endlich können die immer noch enttäuschten Hofer-Wähler zur Jagd gegen den Links-Terroristen ausrücken. Dass sie sich damit lächerlich machen, stört solche Leute nicht. Hauptsache empört sein und geifernd radikalen Hetzern (schon wieder) auf den Leim gehen. Nebenbei, wäre Hofer Präsident, gebe es in den ersten 100 Tagen sicherlich keinen einzigen rechten Lapsus, gell. Das war übrigens wieder Ironie!
Völlig ironiebefreit sind die Wiener Grünen. Das Instrument der Urabstimmung wird von einer Gruppe missbraucht, die gemeinsam mit den Freiheitlichen gegen ihre eigene Vizebürgermeisterin Vassilakou agieren. Wegen eines lächerlichen Hochhauses und eines noch viel lächerlicheren Eintrages in einer Liste, die von einer privaten Firma im Auftrag der UNESCO ohne objektive Kriterien geführt wird. Dafür wird die Zukunft des Eislaufvereins, die adäquate Gastro-Zone des Konzerthauses und öffentliche Räume für Schulen aufs Spiel gesetzt. Das ist die politische Bankrotterklärung der Grünen für eine prosperierende, progressive Millionenstadt in Europa!
Progressiv geht es allerdings bei der Wiener SPÖ ebenfalls nur zu, wenn gegenseitiges Streichen bei Parteisitzungen in diese Kategorie fällt. Hüben wie drüben der Donau verbrannte Erde, beleidigte Ehrgefühle und weinerliche Beteuerungen, zwei Drittel stehen hinter mir. Die SPÖ Wien ist so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nicht sehen kann oder will, dass sie sämtliche Errungenschaften dieser Stadt der letzten 30 Jahre an die Wand fährt! Wenn das desaströse Bild irgendetwas gezeigt hat, dann dass praktisch alle Protagonisten der Führungsgremien ausgetauscht gehören. Ein roter Neustart wäre höchst an der Zeit, mit neuen Gesichtern, Ideen und Visionen!
Neue Ideen und Visionen finden sich bei der ÖVP vergeblich. Als Beweis ihres Festhaltens an vorherigen Jahrhunderten haben sie eine klassische Agitations-Broschüre herausgebracht, in der fröhlich vor einem UdSSR-Kommunismus gewarnt wird. Das ist wirklich lustig von einer Partei, die mit Russland kuschelt und seit über 30 Jahren ununterbrochen dafür (mit)verantwortlich ist, wie es dem „Mittelstand“ geht. Ehrlich, das ist doch nicht wirklich Ernst gemeint als Replik auf Plan A und Pizza-Ausliefern des Kanzlers. Oder doch?