Ein paar offene Worte zur EU Teil 3: Was an der EU nervt

Was bewegt Menschen, momentan so negativ zur EU eingestellt zu sein? Vieles ist einfach übertrieben oder schlicht ein Mythos. Doch da sind eine Menge Dinge, die sehr wohl nerven und ärgern.Es gibt in Österreich schon eine ganz schön große Zahl an Verordnungen und Vorschriften. Dass dann so manche „EU“- Regelung zuviel des Guten ist, kann nicht wirklich verwundern. Dabei denke ich nicht an einheitliche, und somit sinnvolle, Normierungen, sondern an Dummheiten. Wie etwa die (abgesagte) Regelung für Olivenöl-Kännchen, Reifendruck-Systeme für PKWs (bringt nur höhere Kosten), die geplante Aufhebung von Internet-Ländersperren (sog. Geoblocking) für alle Web-Shopanbieter (das ist ein organisatorischer Super-GAU, betrifft aber keine Privatperson!), die lächerliche Farce um nicht adäquate Gemüsepflanzen oder den Uhudler (hier versuchen die Lebensmittel-Multis genormte Sorten durchzusetzen!) sowie die unwürdige Posse um die Datenschutzrichtlinie. Um nur ein paar, nicht repräsentative Beispiele aufzuzählen.
Das alles ist Ausdruck eines Beamtensystems, das in vielen Fällen nicht mehr unterscheiden kann (oder will), wo nationale Regelungen besser und gescheiter wären. Das ist lästig und nervt, ärgert sogar.
Aber ist das ein Grund, jetzt der EU den Rücken zu kehren wie offenbar die Briten? Wegen Paradeiser und mangelndem Schutz beim Surfen durch die amerikanische NSA?

Nein, da werden andere, schwerwiegendere Probleme ins Treffen geführt. Die mangelnde Fähigkeit zur Zusammenarbeit, etwa. Das egoistische Leugnen einzelner Staaten von, beim Eintritt akzeptierten, Regeln und Pflichten. Bestes Beispiel hier die Flüchtlingsthematik. Die zögerlichen Reaktionen auf Finanzkrise und die noch katastrophaleren Austeritäts-Auswüchse unter deutscher Führung. Das aber betrifft die Österreicher überhaupt nicht!
Stimmt nicht, höre ich jetzt einige aufschreien. „Wir zahlen den faulen Griechen ihr ganzes heruntergekommenes, keine Steuern eintreibendes Land!“ Ja, stimmt, Österreich hat sich am Rettungsschirm beteiligt. Doch da fließt kein Geld, wie etwa in die Parteikasse der FPÖ (und jeder anderen Partei) durch die heimischen Steuerzahler. Es geht um Haftungen, die nach Einigung mit Griechenland nicht schlagend wurden. Was „wir“ aber zahlen, sind die Aber-Milliarden der Hypo-Alpe-Adria Bank, die von einem Landeshauptmann Haider als Privattresor benutzt wurde. Ohne Zutun der EU, wohlgemerkt!
Mich nervt an der EU ihre Unfähigkeit, die abstrakten Dinge den weniger eingeweihten Bürgern begreiflich zu machen. Dass es sich trotz allem um ein Friedensprojekt handelt, was offenbar keinen mehr interessiert. Ist ja eh kein Krieg, sagen sich die Menschen und denken nicht daran, warum es so ist. Mich nervt, dass die überwiegende Mehrheit durch die Mitgliedschaft profitiert hat und die EU und ihre Vertreter dafür keine unwiderlegbaren Argumente präsentieren.
Mich ärgert es, dass sich die Organe der EU nicht verpflichtet fühlen, in regelmäßigen Abständen zu den Menschen in Städten und Dörfern zu fahren, um einerseits zu informieren, andererseits aber auch Kritik anzunehmen. Das kann nicht nur von den Europa-Abgeordneten getan werden. Milliarden Euro an unrechtmäßigen Fördergeldern werden jedes Jahr entdeckt. Da muss Geld für solche Info-Roadshows verhanden sein!
Es nervt an der EU, dass sich viele Lobbys immer wieder so einfach in die Reihen der zwei großen Parteiblöcke, den Christdemokraten und den Sozialdemokraten, einschleichen  und dort Verwirrung stiften können.
Es macht mich wütend, wenn Politiker vernünftige Dinge im Europaparlament beschließen und dann daheim so tun, als wären sie nicht dabei oder sogar dagegen gewesen, nur weil sie aus Angst oder Unvermögen/Unwissen die Diskussion mit und Aufklärung von den Bürgern scheuen!
Es ärgert mich, dass eine so große Vereinigung es nicht schafft, multinationalen Konzernen ab einem gewissen Punkt die Rote Karte zu zeigen, ob bei Steuervermeidung oder anderen Verfehlungen gegen europäisches Recht.
Aber das sind alles Dinge, die mein tägliches Leben praktisch nicht beeinflussen. Es sind jedoch Thematiken auf einer Meta-Ebene, die für  gewisse Gefühle sorgen. Die von manchen als Propaganda für eigene Ziele instrumentalisiert werden.
Natürlich gibt es Entwicklungen, die in der EU völlig falsch laufen. Es wird auch, vor allem nach dem Brexit, eine Neuaufstellung stattfinden müssen. Aber die oftmals von den Menschen behaupteten Probleme durch die EU, die „Bevormundung“, die vielen falschen Mythen an den Stammtischen der Schlichten, das alles ist hysterischer Alarmismus von bestimmten Parteien, die innenpolitischen Nutzen daraus ziehen wollen.
Jeder muss sich die Frage gefallen lassen: Bei aller Kritik, berechtigt und überzogen, glaubt wirklich irgendwer, in einer globalisierten Welt (und das ist keine Science Fiction-Erfindung oder abgehobener Multikulti-Voodoo der Hautevollee, wie manche Ingenieure meinen) kann ein einzelner Staat in der Größe einer asiatischen oder chinesischen Metropole wirklich Bedingungen diktieren. Oder sogar seine Einwohner, mit was auch immer, besser stellen als innerhalb eines gemeinsamen Europas mit 26 anderen Staaten? Die Schweiz hat alle, wirklich alle „sogenannten Bevormundungen“ der EU vollständig akzeptieren müssen. Freier Waren- oder Personenverkehr zum Beispiel. Ebenso Norwegen. Dabei haben diese Staaten keine Möglichkeit der Mitbestimmung, keine Möglichkeit der Einmischung. Ähnlich wird es Großbritannien ergehen. Das ist die Realität eines Staates, noch dazu in mittlerer Größe, der nicht innerhalb einer großen Vereinigung ist. Ich will so eine Situation für Österreich nicht!
Wenn jemanden an diesem Land wirklich etwas liegt, an Wohlstand und Sicherheit, dann kann eine Zukunft ohne EU keine Option sein! Bei allen Dingen, die an dieser Gemeinschaft auch nerven. Besser drinnen und mitbestimmen, als draußen mit passiv-nationalistischen Flausen!

Ende der Serie.