Homophobie – Austria, 10 points

Auch wenn wir nach dem Song Contest alle ein wenig toleranter geworden sein sollten und sich die Gemeinde Ba(rt)d Mitterndorf wie aus dem Film „To Wong Foo, Thanks for everything…(1995, R: Beeban Kidron)“ aufführt: Es gibt noch eine Menge zu tun für aufgeklärt liberale Menschen in Österreich!

Die politischen Reaktionen waren ja schon recht aufschlussreich:
Die SPÖ ist auf einmal progressiv (traut sich aber seit Jahren keine wirklichen Reformen an ihre rechts-konservative Basis zu verkaufen).
Die ÖVP eiert jämmerlich herum. Angeblich gibt es Bewegung in der Partei bei der Gleichstellungs-Frage, sagt Spindelegger am Dienstag im Ministerrat. Die Innenministerin sagt darauf sofort „No-Go zu Adoption durch Gleichgeschlechtliche“, Spindelegger meint mittwochs: „Ich habe hier keine Grenzen zu setzen“. Na mal sehen!
FPÖ ist wie immer die FPÖ. Nach der Alaba-Blamage muss H.C.Strache sicherheitshalber gratulieren, aber im Grunde wollen die Rechts-extremen keine Vielfalt.
Grün war hier immer für eine Gleichstellung, und bei den Neos gibt’s da offenbar auch keine gewichtigen Gegenstimmen.

Die Kirchen sind auch wie immer, nur manche Unverbesserlichen wollen innerhalb der Katholischen Kirche an eine Besserung glauben, etwa Paul Zulehner in der Kathpress am Dienstag: http://www.kathpress.co.at/site/nachrichten/database/62313.html

Wobei ich Zulehner recht gebe bei seinem Befund „Das Erscheinungsbild von Conchita Wurst erinnere ihn frappant an Jesus-Darstellungen im romantisierenden Nazarener-Stil. Den Eurovisions-Songcontest sieht Zulehner als „Fest gelungener künstlerischer Aktivität“ – mit durchaus religiös anmutender Inszenierung!“

Die ideologische Korrektur nahm dann Bischof Küng aus St. Pölten eine Tag danach vor: „Klares Nein zur Homo-Adaption! Die kirchliche Ablehnung hat nichts mit Diskriminierung von sexuellen Identitäten zu tun, sondern schlichtweg mit dem Kindeswohl!“ http://www.kathpress.co.at/site/nachrichten/database/62331.html

Mehr meiner Gedanken zu dieser Thematik unter dem Artikel „Nach dem ESC

Ja, es gibt ein paar liberale Inseln in diesem Land, doch solange Sprüche wie „Wenn alle Schwuchteln san, wer kriagt dann de Kinda?“ und „Lesben haben nur kan Mann ab’kriegt“ hämisch zustimmendes Schenkelklopfen am Stammtisch hervorruft, ist noch einiger Schwachsinn in den Köpfen.
Vielleicht fürchten sich die Menschen vor der Andersartigkeit (warum allerdings, wissen sie oft selbst nicht), vielleicht sind prägende Klischees einfach immer noch übermächtig – siehe die Blödheiten, die rund um Frauen in Kunst, Wissenschaft und beim Autofahren verzapft werden.
Jede Begebenheit, die zu etwas mehr Liberalität in diesem Land beiträgt, ist zu begrüßen! Und sei es ein Show-Event wie der Song Contest und der patriotisch-chauvinistische Stolz auf „unseren Triumph!“ Vielleicht verhilft das manchen zu ein wenig mehr Toleranz in deren persönlichem Umfeld!