Wein ist Kultur – oder doch zuerst Alkohol?

Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, die Kosten des Alkoholismus in Österreich liegen höher als die Steuereinnahmen durch den Verkauf von Alkohol. Ein Land verharmlost das Saufen? Natürlich!

Kaum ein Werbeinserat vom Burgenland-, Niederösterreich oder Südsteiermarktourismus kommt ohne den „Wein als Kultur“ Sujets und Angeboten aus. Bei vielen Events ist ein Glaserl Sekt oder die Gratis-Verkostung irgendeines alkoholischen Getränks inkludiert. Will Frau oder Mann, so wie ich, eigentlich überhaupt keinen Wein und nur sehr eingeschränkt sonstiges Hochprozentiges, schaut es traurig aus. Denn ein Mineral oder eine Kaffee habe ich noch nie anstatt des Alkohols bekommen. Ich rede hier nicht von speziellen Weinverkostungen, sondern z.B. Möbelhauseröffnungen, Politinszenierungen, Wochenendpaketen in Thermen(!)-Hotels, Ausflugsfahrten, Wandertagen mit anschließendem Heurigen samt Verkostung usw. Immer Wein, Sekt oder Schnaps dabei, nie Wasser, Fruchtsaft, Limonade oder eine Melange.

Österreich verharmlost Alkohol, wo es nur geht. Weil Wein ja Kultur ist, und ein Bier ist ja fast kein Alkohol. Wer hat noch nicht den Satz „Drei Krügerln sind doch nix, ich hab’ ja eh was G’essen! Wenn es doch ein bissl zuviel war, geht schon! Die Oberg’scheiten fahren dann „eh langsam und auf Nebenstraßen!“, wenn halt wer z’sammg’fahren wird ist es blöd und eh ned g’wollt!Bis heute ist es nicht möglich, im Auto eine angemessene Promillegrenze zu fordern, nämlich 0,2 Promille und spürbare Strafen bei Werten von mehr als 0,5 Promille. Aber die ÖVP-Innenministerin überlegt Haartest, damit ein möglicher wochenlanger Drogenkonsum nachgewiesen werden kann. Was das eine mit dem anderen zu tun hat: beides sind Drogen, nur die Droge Alkohol hat vor allem mit der ÖVP eine mächtige Beschützerin! Der Rest ist Ablenkung. Denn 350.000 Alkoholkranke und knapp 1 Million Alkoholgefährdete sind wohl kaum eine Randgruppe, die sich halt nicht zusammennehmen kann und aus Kultur Abhängigkeit generiert!

Jeder Mensch soll trinken, was Mensch will, aber sich bei bestimmten Mengen nicht vormachen, es ist Kultur, eh kein Problem oder sogar normal. Und wie bei der Nichtraucherdiskussion bin ich fest davon überzeugt, dass sich nach einiger Zeit immer mehr melden, denen die vielen Betrunkenen bei Feuerwehrfesten, Bällen, in Discos mächtig auf den Zeiger gehen. Oder diese Männer an den Tresen der Wirtshäuser, die mit leeren Blick und eine Alkoholfahne vor sich hertragenden herumstehen und die Laune versauen, so wie früher die Raucher am Nebentisch. Denen ist man zu Leibe gerückt, ich warte nun auf die B’soffenen.