Die Schwarzen und vorzeitige Neuwahlen

Schon wieder ein Sommer vor einer Nationalratswahl! Erneut Danke an eine, diesmal türkise, ÖVP. Immerhin sprengte diese Partei in den letzten 24 Jahren sechs Mal eine bestehende Koalitionsregierung. 1995 kam nach nur einem Jahr durch Schüssel der Bruch, 1999 und 2002 folgten weitere durch ihn. 2008 reichte es Molterer, 2017 und 2019 (nur 17 Monate später) sprengte Kurz die aktuellen Regierungen. Soviel zur Raunzerei der Schwarzen über politischen Stillstand, den hauptsächlich sie selbst zu verantworten haben.
Nach dem Koalitionsbruch 1995 gab es eine erneute Zusammenarbeit mit der SPÖ bis 1999 unter Klima. Danach begann die Schüssel-Zeit (vom dritten Platz und dem „Gang in die Opposition“ – Versprechen zum Kanzler). 2002 sprengte er wegen dem Parteitag der FPÖ in Knittelfeld erneut die Koalition, um nach überwältigendem Wahltriumph wieder mit der marginalisierten FPÖ zu regieren.
Dann geschahen für die Schwarzen völlig unerwartet Schüssels Abwahl 2006 und sein Rücktritt. Der unsägliche Wilhelm Molterer folgte nach und sprengte spaßbefreit und mit der Attitüde eines katholischen Paters 2008 die SPÖ-ÖVP Regierung. Um nach der Wahl erneut als Juniorpartner der SPÖ nur ja nicht von den Trögen der Macht verschwinden und vor allem das Innenministerium nicht hergeben zu müssen.
Nach „vorzeitiger Neuwahl“ freien neun Jahren unter rot-schwarzer Koalition, der schleichenden Marginalisierung der SPÖ und der, nach heutigem Wissen klaren Fehlbesetzung durch den strategisch wie politisch unfähigen Christian Kern, sprengte der neue türkise Superstar Kurz die nächste Koalition.
Zum damaligen Zeitpunkt erschien das noch eine durchaus befreiende Aktion für zahlreiche Menschen zu sein. Stillstand und Reformunfähigkeit drohten zu erdrücken. Die Neuwahl kam einigen dadurch vernünftig vor. Zu viele vergaßen dabei, dass die türkise Sekte innerhalb der ÖVP nur ein Ziel seit Ende 2017 gehabt hatte: die SPÖ und die „schwarze ÖVP“ unter Mitterlehner zu beschädigen, zu blockieren und herunterzumachen. Die Strategie ging mittels enormer Propaganda (Wahlkampfkostenlimit wurde um 6 Millionen Euro gesetzeswidrig überzogen!) und günstigen Rahmenbedingungen auf.
Die menschlich und inhaltlich unfähigste Bundesregierung der 2.Republik folgte. Und wurde nach 17 Monaten erneut von Kurz gesprengt.
Es ist Juli 2019. Kurz, völlig gerechtfertigt aus dem Kanzleramt verjagt, tourt durch die Lande und betreibt natürlich keinen Wahlkampf. Diverse Schwarze geben zweideutige Signale ab: es gibt auf jeden Fall (k)eine Neuauflage mit den Blauen, die sich erst bessern müssen oder aber auch schon verbessert sind.
Und dann kommt der Einserschmäh mit dem Scheiß vom Wählerwillen bei der Wahl: die größte Verarschung soundso, denn ich kann keine Koalition am Wahlzettel bestimmen! Wie oft wollen sich die Menschen in diesem Land noch blenden lassen?
33 Jahre in Regierungsverantwortung: die schwarze und türkise ÖVP hätte mehr als genug Zeit gehabt, wirkliche Reformen durchzuführen. Immerhin gab es eine Zeitspanne von mehr als sieben Jahren als Kanzlerpartei.
Auch wenn es natürlich unrealistisch ist und eine Regierungsbeteiligung der FPÖ seit Mai 2019 für ewig unmöglich sein muss: eine Regierung ohne der ÖVP wäre schon länger für die politische Hygiene Österreichs sehr, sehr notwendig!