Was heißt schon freiwillig?!

Der Eiertanz rund um den Begriff „Freiwilligkeit“ bei Abhängigkeitsverhältnissen geht weiter. Besonders die völlig plan- und inhaltsleere FPÖ tut sich schwer, ihre Unfähigkeit innerhalb dieser Kurz-Regierung zu bedecken. Ausbesserungen der Sozialministerin durch Vizekanzler Strache zeigen das wahre Bild der „sozialen Heimatpartei“. Doch was bedeutet diese Freiwilligkeit in der Praxis bei geltendem Recht?

Ich war etwa ein begeisterter Volksschüler und ging dort mehrere Wochen auch wirklich freiwillig hin. Dann kam ich dahinter, dass diese Freiwilligkeit nur scheinbar gegeben war. Denn plötzlich musste ich auch in die Schule, obwohl ich viel Besseres zu tun gehabt hätte. Die Schulpflicht schränkte die Freiwilligkeit komplett ein. Analog dazu die Situation für Männer mit Wehrpflicht oder Zivildienst. Nebenbei die einzigen auf Zwang basierenden „Arbeitsverhältnisse“.
So viele „freiwillige Aktionen“ müssen Menschen in diesem Land tun, die aber tatsächlich Zwängen unterliegen, vor allem gesellschaftlichen oder familiären. Bei vielen können es sich die Betroffenen gar nicht leisten, diese Freiwilligkeit abzulehnen. Und wenn, folgen zumeist irgendwelche unangenehmen Konsequenzen.
Aber nun zu den unselbständig Erwerbstätigen. Nur zum Beginn sei gesagt, dass in einer Demokratie wie Österreich wohl jedes Arbeitsverhältnis auf „Freiwilligkeit“ beruht (Ausnahme Präsenz- od. Zivildienst). Jeder Chef hat das gute Recht, seinen Angestellten die Worte „Sie sind freiwillig hier! Wenn es nicht passt, brauchen Sie hier ja nicht zu arbeiten!“ an den Kopf  zu werfen. Soweit, so klar.
Weiter zu den Aktionen, die Freiwilligkeit suggerieren. Ich arbeite freiwillig länger und alles ist paletti. Dafür müssen die jetzigen 10 Stunden täglich aber eigentlich völlig ausreichen.
Diese Freiwilligkeit ist in vielen Betreiben allerdings „erwartet“. Vor allem in den Dienstleistungsbereichen wird das Absolvieren reiner Normalarbeitszeit als zu „wenig leistungsorientiert“ oder schlicht „als nicht kompatibel mit der internen Leistungspolitik“ verunglimpft. Da ist dann die Freiwilligkeit, einige Stunden mehr zu arbeiten, schon in einer Grauzone. Wer stellt sich denn länger dem Gerede und sozialem Druck der Kollegen, nach 8 Stunden (und bei vollständig erledigter Arbeit) völlig berechtigt zu gehen?
Auch wird erwartet, freiwillig bei allen möglichen Firmen-Events (ohne Überstundenabrechnung) teilzunehmen oder sogar die Arbeitskraft dafür einzusetzen. Natürlich auf freiwilliger Basis! Sozialer Druck ist ja eine Erfindung der links-linken Propaganda. Sprechen Sie mit Menschen, die sich mehrfach weigern, an diesen Events teilzunehmen und auf ihre Freiwilligkeit pochen – sie werden gemobbt, zuerst von den Kollegen, dann sogar vom Vorgesetzten (und ich spreche hier nicht über den einmaligen Betriebsausflug im Jahr und die Weihnachtsfeier!).
Wird diese Freiwilligkeit dann allerdings mit der Ausdehnung auf mögliche 12 Stunden am Tag gesetzlich vorgeschrieben, beginnt das Rechtfertigungsdilemma. Laut Strache reicht dann ein „Ich mag nicht, warum geht Sie überhaupt nichts an, Chef!“ völlig aus!
Wenn Strache wirklich glaubt, was er da verzapft, ist dieser Altpoltiker noch lebensfremder als erlaubt! Bitte alle aufzeigen, die ihrem Vorgesetzten per Ablehnung mehr als dreimal die kalte Schulter oder den symbolischen Mittelfinger zeigen und glauben, den Job zu behalten! Denn dieses Recht hat jeder Arbeitgeber jederzeit, solange er sich an gesetzliche Kündigungsfristen hält. Somit ist die freiwillige Bereitschaft zur Mehrstundenleistung nichts anderes als ein weiteres Druckmittel der Arbeitgeber auf die Arbeitnehmer, noch dazu, wenn es ohne Korrektiv von Betriebsrat eingesetzt werden kann.
Freiwilligkeit ist ein gefährliches Wort mit noch gefährlicherem Inhalt. Es wiegt die intellektuell Schlichten in eine trügerische „Selbstbestimmtheit“, die außerhalb der Freiwilligenarbeit praktisch niemals existiert. Das sollten alle, die mit diesen Begriffen hantieren, immer bedenken.